Kindertraining im Fußball: Tipps von Trainer Ingo Anderbrügge
So funktioniert altersgerechtes Training für Kinder
Fußballtrainer eines Kinder- oder Jugendteams haben eine große Verantwortung. Sie müssen den Kindern ein abwechslungsreiches, unterhaltsames und altersgerechtes Training bieten. Auch Ex-Fußballprofi und Trainer Ingo Anderbrügge kennt die Herausforderungen beim Kindertraining im Fußball. Uns erzählt er im Interview, worauf Trainer achten sollten, gibt konkrete Tipps und erklärt, wie Kinder auch über einen längeren Zeitraum motiviert werden können.
Kinder für Fußball begeistern – grundlegende Ziele für Trainer
Es gibt Ziele, die jeder Trainer bei der Gestaltung eines Fußballtrainings für Kinder im Hinterkopf haben sollte:
- Spielfreude und Kreativität entwickeln: Sie sollten den Kindern zu jedem Zeitpunkt Spaß am Sport vermitteln. Dazu gehört auch, die Kinder zu eigenen Ideen anzuspornen.
- Förderung der ganzen Persönlichkeit: Ein Trainer sollte die Stärken und Schwächen der Kinder erkennen und diese individuell fördern. Auf diese Weise unterstützen Sie die Kinder in ihrer Charakterbildung und Entwicklung zu Spielerpersönlichkeiten.
- Vielseitige Bewegungsschulung: Fördern und fordern Sie die Kinder durch abwechslungsreiche Übungen. Diese sollten vielfältig sein und die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen.
- Langfristiger und entwicklungsgemäßer Trainingsaufbau: Das Kindertraining im Fußball sollte zu jedem Zeitpunkt altersgerecht sein. Dafür ist eine gute Planung für Trainer sehr entscheidend.
Grundlagen eines Kindertrainings im Fußball – Ingo Anderbrügge im Interview
Ex-Bundesliga-Profi Ingo Anderbrügge spielte jahrelang für den FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Im Jahr 1997 gewann er mit Schalke 04 als einer der sogenannten „Eurofighter“ den UEFA-Cup. Heute ist Ingo Anderbrügge als Fußballtrainer für Kinder und Erwachsene tätig.
1997 gründete er die Fußballfabrik, eine Fußballschule für Kinder. Die Mitarbeiter der Fußballfabrik leiten mobile Fußballcamps in ganz Deutschland, organisieren Schulprojekte und setzen sich in sozialen Projekten für die Verbindung von Integration und Kinderfußball ein. Dabei legen die Trainer vor allem Wert auf alters- und leistungsgerechtes Training.
Uns hat Ingo Anderbrügge einige Fragen rund um die Gestaltung eines Kindertrainings im Fußball beantwortet.
owayo: Ab welchem Alter können Kinder mit dem Fußballtraining starten?
Ingo Anderbrügge: Das kommt darauf an, wie man den Begriff „Fußballtraining“ definiert. Mit Ballspielen kann man schon recht früh beginnen. Es gibt immer mehr Vereine, in denen auch die 3- bis 4-Jährigen zum Thema Ballbewegung und Ballgewöhnung eine Stunde trainieren. Dort können sie herumrennen, den Ball schießen und auch in Körperkontakt mit anderen Kindern kommen. So lernen sie, dass man auch mal hinfällt oder es Situationen gibt, in denen man geschubst wird. Das ist für mich auch mit 3- bis 4-jährigen Kindern alters- und kindgerechtes Fußballtraining.
Das Kind sollte natürlich vor allem Spaß haben an dem, was es tut. Das Alter spielt da für mich keine Rolle. Aber ein wirklich organisiertes Fußballtraining darf auch schon mit etwa 4 bis 5 Jahren starten.
Wie lange sollte ein Training für Kinder dauern? Das Training darf ruhig auch bei jüngeren Altersstufen etwa eine Stunde mit ein oder zwei Getränkepausen dauern. Auch klassischer Sportunterricht in der Grundschule dauert ja mindestens 45 Minuten. Gut ist es, die Trainingszeit den Spielzeiten der jeweiligen Altersklassen anzupassen. Der DFB hat hierfür Richtwerte, die beispielsweise für F-Junioren bei 2x20 Minuten und bei E-Junioren bei 2x25 Minuten liegen.
Auf welche Besonderheiten muss beim Kindertraining geachtet werden?
Eine Besonderheit ist auf jeden Fall das Equipment. Es gibt beispielsweise Bälle in unterschiedlichen Gewichtsklassen. Es muss besonders bei jüngeren Kindern nicht gleich der Lederfußball sein. Der Trainer kann auch einen Plastikball oder einen Luftballon verwenden – all das ist Ballgewöhnung.
Außerdem sollte ich als Trainer darauf achten, dass auch Kinder bereits die Ausrüstung, also Schienbeinschoner, tragen. Je früher sich die Kinder daran gewöhnen, desto einfacher ist es später.
Als Trainer sollte ich auch altersgerechte Übungen für die Kinder auswählen. Zum Beispiel ist es wichtig, dass Kinder frühestens mit zwölf Jahren mit dem Kopfballtraining beginnen. (Anmerkung der Redaktion: Laut Neurowissenschaftlerin Inga Körte kann ein zu frühes Kopfballspiel bei Kindern zu Verletzungen des Gehirns führen.)
Der Trainer sollte außerdem eine kindgerechte Sprache verwenden. Kein Kind profitiert von Fachbegriffen, denn die versteht es nicht. Dessen sollte ich mir als Trainer bewusst sein.
Mein Tipp: Der Trainer sollte darauf achten, Geschichten zu den Spielen zu erzählen. Ein Beispiel: Ich muss als Trainer dem Kind nicht sagen: „Renn dahinten hin und lauf um das Hütchen herum.“ Vielleicht kann ich das verpacken und stattdessen sagen: „Hinter dem Hütchen liegt ein Schatz. Hol den.“ So sollten kindgerechte Sprache und ein motivierendes Training aussehen.
Was sind die häufigsten Probleme beim Kindertraining im Fußball und wie kann man sie lösen?
Ein Problem können die Eltern sein, da sie oft nicht loslassen können und sehr behütend sind. Es gibt Eltern, die immer beim Vereinstraining dabei sind. Dabei wäre es besser für das Fußballtraining der Kinder, wenn die Eltern in der Zeit zum Beispiel einkaufen gehen würden.
Ein zweites Problem ist auch die Ausbildung der Trainer. Meiner Meinung nach sollten in der heutigen Zeit Trainer auch wirklich ausgebildete Menschen sein. Mein Wunsch: Eine zusätzliche Grundlagen-Lizenz, die sozusagen als Führerschein für Kinder- und Jugendtraining funktioniert. Auch der „Vereins-Papa“, der nach der Arbeit noch die Mannschaft seines Sohnes trainiert, braucht Input und Ideen und die könnte er in einem solchen Kurs bekommen. Das Problem sind nicht die Trainer als Mensch, sondern oft die fehlende Kompetenz.
Mein Tipp: Das DFB-Mobil. Dort können sich Trainer Input für das Kinder- und Jugendtraining holen.
Wie können Kinder (auch über einen längeren Zeitraum) motiviert werden?
Vereine müssen die Kinder abholen, indem sie das Vereinsleben und das Training attraktiv gestalten. Ein Verein sollte darüber nachdenken, wie die Trainer die Kinder auch an anderen Tagen dazu motivieren können, in das Vereinsheim zu kommen. Vielleicht hilft es, wenn ein Verein zum Beispiel einmal die Woche Hausaufgabenbetreuung anbietet. Wenn die Kinder dann schon mal im Vereinsheim sind, nutzen sie auch oft die Gelegenheit sich zu bewegen. Es geht also auch stark um die Motivation des gesamten Vereins. Kinder warten meistens nur darauf, dass etwas passiert.
Auch Vorbilder sind für Kinder sehr motivierend. Ein Beispiel ist, wenn die Nationalmannschaft Weltmeister wird. Schon melden sich wieder mehr Kinder in Vereinen an.
Neben dem Verein und dem Trainer sehe ich auch ganz stark die Eltern in der Verantwortung. Sie müssen ihre Kinder auch über lange Phasen zum Durchhalten motivieren. Natürlich haben Kinder auch mal keine Lust, aber dann sollten die Eltern dem Kind klar machen, dass die Mannschaft das Kind braucht – auch bei schlechtem Wetter oder am Samstag. Es ist wichtig, die eigenen Kinder zu einer Sportart mit Disziplin, Regeln, Werten und einem sozialem Umfeld zu bewegen.
Wie kann ein Trainer Kinder zu Spielerpersönlichkeiten erziehen?
Ein Trainer hat eine große Verantwortung und braucht eine hohe Sozialkompetenz. In jungen Jahren sollte der Trainer darauf achten, die Stärken und Schwächen des jeweiligen Kindes ab einem Alter von acht oder neun Jahren mit zu entwickeln. Das bedarf einer genauen Beobachtung. Der Trainer sollte den Kindern den Freiraum geben, auch eigene Entscheidungen im Spiel zu treffen, und zuhören, welche Anmerkungen die Kinder haben. Ein Trainer sollte Kinder nicht klein machen, sondern sprechen lassen.
Mein Tipp: Als Trainer kann ich ein Kind, das sich gerne einbringt, dazu anregen im Vorfeld eines Spiels als Kapitän zwei motivierende Sätze zu seiner Mannschaft zu sagen. So bringt der Trainer den Jungen und Mädchen Vertrauen entgegen.
Außerdem gibt es, egal bei welcher Sportart, Regeln. Die sollten die Kinder kommuniziert bekommen. Regeln einzuhalten ist nicht nur im Sport, sondern auch für das spätere Leben wichtig.
Können Sie uns zum Abschluss noch eine kreative Aufwärmübung für das Kindertraining verraten? Eine schöne Idee zum Start eines Kindertrainings ist diese Übung: Der Trainer braucht drei verschiedenartige Bälle, zum Beispiel einen Lederfußball, einen Football und einen Tennisball. Die Kinder spielen 4 gegen 4 und alle zwei Minuten wird der Ball ausgetauscht. Je nachdem mit welchem Ball das Kind trifft, gibt es unterschiedlich viele Punkte: Mit dem Lederfußball zählt das Tor einfach, mit dem Tennisball zweifach und mit dem ovalen Football fünffach. Die Kinder haben Spaß und lernen Ballgewöhnung und -kontrolle.
Vielen Dank an Ingo Anderbrügge für die Beantwortung unserer Fragen und für die Bereitstellung der Fotos! Weitere Expertentipps und Übungen von Ingo Anderbrügge finden Sie auf seinen DVDs rund um Kinder- und Jugendfußball.
Mit diesen Expertentipps zum perfekten Kindertraining
Hier fassen wir die wichtigsten Tipps von Ingo Anderbrügge nochmal für Sie zusammen:
- Ein organisiertes Fußballtraining kann bereits im Alter von 4 bis 5 Jahren starten. Aber auch mit 3-jährigen Kindern können Sie bereits Ballbewegung und Ballgewöhnung trainieren.
- Bei der Länge eines altersgerechten Trainings können Sie sich an den vorgeschlagenen Spielzeiten des DFB orientieren. Diese können Sie im Trainerportal des DFB zu den jeweiligen Altersklassen recherchieren.
- Eine altersgerechte Ausrüstung für das Kindertraining ist wichtig. Sie können beispielsweise Bälle in verschiedenen Gewichtsklassen für das Training verwenden. Als Trainer sollten Sie den Kindern außerdem beibringen, von Anfang an Schienbeinschoner zu tragen.
- Achten Sie beim Kindertraining unbedingt auf eine kindgerechte Sprache. Erzählen Sie Geschichten zu den einzelnen Übungen und motivieren Sie die Kinder so zum Mitmachen.
- Als Trainer sollten Sie sich regelmäßig neuen Input für ein abwechslungsreiches Training holen. Eine Möglichkeit für neue Ideen kann das DFB-Mobil sein.
- Neben dem Trainer sind auch der Verein und die Eltern in der Verantwortung, das Kind über einen längeren Zeitraum zum Fußballtraining zu motivieren.
- Es ist wichtig, als Trainer die Stärken der Kinder zu erkennen und gezielt zu fördern. So können Sie Kinder zu Spielerpersönlichkeiten erziehen.
Von der Kindermannschaft zum Team
Gerade beim Kindertraining im Fußball ist es wichtig, auch den Teamgeist zu stärken. Mit einheitlichen Trikots kann Ihnen das gelingen. Sie sind noch auf der Suche nach passenden Kindertrikots für Ihr Fußballteam? Werfen Sie gerne einen Blick in unseren Online-Shop. Dort können Sie mit dem 3D-Konfigurator das Trikot für Ihre Kindermannschaft individuell und einfach gestalten.
Wie ein altersgerechtes Fußballtraining aufgebaut ist und worauf Sie in den verschiedenen Altersklassen als Trainer achten müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Bildnachweis: Alle Bilder: © Fußballfabrik