Wann eine Laufanalyse sinnvoll ist und was Sie dabei beachten sollten
Experten-Interview mit Dr. Matthias Marquardt
Laufanalysen liegen im Trend: Beinahe jedes Sportfachgeschäft bietet mittlerweile eine Laufstilanalyse für Anfänger und ambitionierte Läufer an. Doch wann ist eine Laufanalyse sinnvoll und worauf sollten Sie achten, wenn Sie eine Analyse durchführen lassen möchten? Im folgenden Beitrag erklären wir Ihnen die wichtigsten Grundlagen und geben Ihnen Tipps von Sportmediziner Dr. Matthias Marquardt an die Hand.
Grundlegendes zur Laufanalyse
Laufanalyse ist nicht gleich Laufanalyse. Erfahren Sie, was man unter einer professionellen Laufanalyse versteht und wie sie abläuft.
Was ist eine Laufanalyse?
Eine Laufanalyse ist eine medizinische Bewegungsanalyse, die dazu dient, die Ursache von Laufverletzungen zu ermitteln. Auch Läufer, die ihre sportliche Performance verbessern wollen, können durch eine professionelle Analyse Erkenntnisse über ihren Laufstil und Optimierungspotenziale gewinnen.
Wichtiger Unterschied: Laufbandanalysen, die in Sportfachgeschäften angeboten werden, dienen dazu, die passenden Laufschuhe zu ermitteln.
Wie läuft eine Laufstilanalyse ab?
Bei einer medizinischen Laufanalyse stellt sich der Läufer auf ein Laufband. Während des Laufens wird der Bewegungsapparat aus allen Richtungen gefilmt. Später erfolgt die Auswertung am Computer, wobei unter anderem die Gelenkstellung analysiert wird.
Laut Dr. Matthias Marquart dauert „eine sachgerechte Analyse etwa zwei bis drei Stunden“: Dazu gehören in seiner Praxis neben der Videoanalyse auf dem Laufband auch ein ausführliches Gespräch (Sportanamnese), eine orthopädische Untersuchung, Muskelfunktionstests, elektronische Fußdruckmessung und Fußtypenanalyse sowie weitere Untersuchungen und Beratungsangebote.
Wer führt eine Laufanalyse durch?
Medizinische Einrichtungen führen Laufanalysen durch, um zum Beispiel die Ursache von Schmerzen beim Laufen zu analysieren. Dabei wird die Auswertung von medizinisch geschultem Personal unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt.
Auch Sportfachgeschäfte bieten häufig eine Laufbandanalyse an. Diese kann hilfreich sein, um die passenden Laufschuhe zu finden – ist aber mit einer umfangreichen medizinischen Bewegungsanalyse nicht zu vergleichen.
Interview mit Laufexperte und Sportmediziner Dr. Matthias Marquardt
Wann eine Laufstilanalyse sinnvoll ist, wie Läufer ein seriöses Angebot erkennen und wie Läufer sich einen bereits gesunden Laufstil erhalten, erklärt Dr. Matthias Marquardt im Interview.
Zur Person:
Medien bezeichnen ihn gerne mal als „Laufpapst“ oder „Laufguru“: Dr. Matthias Marquardt ist Internist, Chirotherapeut und Sportmediziner. Schwerpunktmäßig hat er sich über viele Jahre mit den Bedürfnissen von Läufern und Triathleten beschäftigt und gibt sein Fachwissen auf Seminaren, bei Vorträgen und in zahlreichen Büchern weiter, darunter der Bestseller „Die Laufbibel“. Dr. Marquardt betrieb selbst zehn Jahre Leistungssport im Marathon und Ironman-Triathlon. Mehr zu Dr. Marquardt erfahren Sie auf seinem Laufportal.
owayo: Herr Dr. Marquardt, aus welchen Gründen sollte man sich für eine medizinische Laufanalyse entscheiden? Dr. Marquardt: „Idealerweise macht man eine medizinische Laufanalyse zur Prophylaxe. Beschwerden vorzubeugen ist besser, als sie zu behandeln. Im Alltag wesentlich häufiger ist aber die Durchführung einer Bewegungsanalyse bei Verletzungen oder Beschwerden. Das ist bei Läufern ja keineswegs selten: 30-50 % haben einmal im Jahr Zipperlein am Bewegungsapparat. Da ist eine Funktionsuntersuchung des Läufers entscheidend, um eine Lösung für die Probleme zu finden. Aber auch für diejenigen, die schneller laufen wollen, ist eine Laufanalyse sinnvoll. Denn die Schnelligkeit hat ja auch mit der Lauftechnik zu tun.“
Wie die optimale Lauftechnik aussieht, erläutert Dr. Marquardt auf seiner Website und stellt hilfreiche Übungen vor, mit denen Sie Ihre Lauftechnik verbessern können.
Übrigens: Dr. Marquardt hat als Triathlet selbst leidvolle Erfahrungen mit Verletzungen und Schmerzen gesammelt – wie er es schließlich schaffte, schmerzfrei zu laufen, lesen Sie auf matthias-marquardt.com.
In vielen Sportarten spielt Laufen eine wichtige Rolle. Kann zum Beispiel auch ein Fußball- oder Tennisspieler von einer Laufanalyse profitieren? „Um Fuß- und Beinachsen-Fehlstellungen in der Bewegung zu erkennen, ist eine Laufanalyse auch für Tennis- oder Fußballspieler sinnvoll, auch wenn man dabei nicht immer die sportartspezifischen Richtungswechsel abdeckt.“
Wie oft sollte man eine Laufanalyse durchführen? „Das hängt vom Einzelfall ab. Wenn Knieschmerzen durch einen Lauftechnikfehler ausgelöst wurden und der Läufer im Anschluss an die Analyse intensiv an seinen technischen Defiziten arbeitet, macht eine Verlaufskontrolle Sinn, um zu sehen, ob Kraft- und Koordinationstraining funktionieren wie geplant. Dasselbe gilt bei Leistungssportlern, die schneller werden wollen und einen Klärungs- und Dokumentationsbedarf haben. Aber bis sich im Bereich Technik etwas tut, dauert es seine Zeit – vor sechs Monaten tut sich da selten was. Umgehend notwendig ist die Kontrolle des Bewegungsablaufes natürlich nach der Anpassung von maßgefertigten Einlagen.“
Laufstilanalysen werden von den verschiedensten Anbietern beworben. Dabei machen Läufer nicht immer die besten Erfahrungen. Wie kann man als Laie ein seriöses Angebot erkennen?
„Ein seriöses Angebot wird neben der Analyse selbst natürlich die notwendige medizinische Kompetenz bereitstellen, um das Problem auch wirklich zu lösen. Es ist wenig hilfreich, Beschwerden des Bewegungsapparates allein durch Schuhtechniker oder Trainer untersuchen zu lassen. Knieschmerzen können durch einen Lauftechnikfehler entstehen, letztlich beurteilen wird dies aber der Sportarzt, denn Knieschmerzen können beispielsweise auch durch einen Knorpelschaden oder eine rheumatische Erkrankung entstehen.
Das Sportgeschäft ist mit seinem Angebot immer dann ausreichend, wenn ein gesunder Läufer einen guten Laufschuh sucht und nur diesbezüglich beraten wird.“
Was raten Sie Läufern, die noch unschlüssig sind, ob eine Laufanalyse für sie sinnvoll ist? „Nicht jeder muss unbedingt prophylaktisch eine Laufanalyse machen lassen. Wer gesund ist und joggen möchte, der soll es bitte einfach tun. Wenn allerdings Probleme auftreten, die nicht binnen sechs Wochen von selbst verschwinden, beispielsweise eine schmerzende Achillessehne, dann würde ich eine Laufanalyse lieber früher als später machen lassen. Denn derartige Beschwerden sind bei Läufern in den meisten Fällen funktioneller Natur und nur die Laufbandanalyse kann diese Probleme aufzeigen.“
Was können Athleten tun, um einen bereits gesunden Laufstil dauerhaft zu halten? „Kraft- und Koordinationstraining sind das A und O. Mit laufspezifischen Übungen: etwa Aufsteiger-Übungen auf der Parkbank für das Training der Gesäßmuskulatur und der hinteren Oberschenkelmuskulatur, denn das sind die beiden entscheidenden Muskelgruppen. Außerdem Sprung- und Streckübungen aus dem Lauf-ABC. Das sind die Basics, die man macht, um seinen Laufstil zu erhalten.“
Tipp: Übungen aus dem Lauf-ABC zeigt Ihnen Triathlet Sebi Neef in unserem Video:
Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Marquardt sehr herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Lesen Sie auch unseren Beitrag „
Laufcamps: Die besten Trainingslager für Läufer“ – hier gibt Dr. Marquardt Tipps, was man aus sportmedizinischer Sicht beim Laufurlaub beachten sollte.
Auf zur Laufstilanalyse?!
Wenn Sie eine Laufanalyse durchführen lassen möchten, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, welchen Zweck diese hat:
- Wenn Sie generell gesund sind, keine nennenswerten Beschwerden haben und neue Laufschuhe benötigen, können Sie auf eine Laufanalyse im Sportgeschäft zurückgreifen. Achten Sie bei der Auswahl darauf, dass der Berater über genügend Fachkompetenz verfügt.
- Leiden Sie dagegen zum Beispiel unter Knieschmerzen oder Beschwerden an der Achillessehne, sollten Sie eine Laufanalyse durch medizinisch geschultes Personal durchführen lassen. Ein sportmedizinischer, orthopädischer oder physiotherapeutischer Hintergrund des Laufanalyse-Anbieters ist hier ebenso von Vorteil, wie wenn der durchführende Experte selbst einen sportlichen Hintergrund besitzt.
Mehr Läuferwissen im owayo-Magazin:
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Bildnachweis: Titelbild/Bild1: Tawan Chaisom / EyeEm/gettyimages; Bild 2: Dr. Matthias Marquardt; Bild 3: Siam Pukkato / EyeEm/gettyimages; Bild 4: TravelCouples /gettyimages